Benny kaufte ich als Beisteller für mein damaliges Quarter Horse. Er war ein kleines, dünnes und unscheinbares Pony, was ich mir von meinem ersten Kellnerjob kaufte. Wir wussten, dass er geritten, zu dem Zeitpunkt 16 Jahre alt war und wohl mal vor der Kutsche ging. Mehr eigentlich nicht. Auf dem Pass stand Welsh Pony Sektion A, womit ich damals noch überhaupt nichts anfangen konnte.
Im Umgang war und ist er ein echtes Rätsel und macht uns regelmäßig damit wahnsinnig. Putzen ist immer nur mit absoluter Skepsis möglich und ohne Keks lässt er sich erst gar nicht fangen. Bitte auch keine schnellen Bewegungen und bloß nicht an den Ohren anfassen. Achja, scheppernde Geräusche im Hintergrund sind auch nicht so seins - sollte man also sein lassen. Damals meinte ich, als mich alle immer mit diesem bestimmten Blick ansahen: „In zehn Jahren ist er bestimmt ruhiger.“
Ja, es kostet oft viel Geduld und Verständnis, mit diesem Herrn umzugehen. Wenn man ihn so kennen lernt, hält mich jeder für verrückt, dieses Pony vor die Kutsche zu spannen. Auf die Idee mit dem Fahren kam ich tatsächlich erst vor sieben Jahren, weil mir offen gestanden langweilig war und ich mal Kutsche fahren wollte. Also nahm ich Unterricht und mein derzeitiger Trainer half mir bei Bennys Ausbildung. Auch er hatte so seine Zweifel, ob das wohl die beste Idee ist, aber ich blieb standhaft und das war eine gute Entscheidung.
Nun sind 10 Jahre vergangen und Benny ist mein Ein und Alles, an dem ich jedes Jahr mehr Freude habe. Ob es an meiner stetig wachsenden Erfahrung oder Geduld für spezielle Pferde liegt, oder der Herr wirklich etwas ruhiger wird, kann ich nicht sagen. Über die Jahre habe ich gemerkt, dass ich mich auf die wirklich wichtigen Dinge als Pferdebesitzer und Trainer bei ihm verlassen kann und er immer für eine Überraschung gut ist.
So ging er in den letzten zwei Jahren seine ersten Messen und Turniere mit vollem Erfolg. Ich habe nicht schlecht gestaunt, als er mit seiner kleinen Reiterin mal eben einen Rappelsack zog und lustig mit einer Plastiktüte herum lief, während er überall platziert wurde. Als ich ihn in der Veteranenklasse vorstellte, sagte der englische Richter, dass man sehr stolz auf dieses Pony sein könne, welches sich in diesem Alter noch so wunderbar bewegen und zeigen kann.
Benny hat meine Hochzeitskutsche gezogen und ist in unserer Ponyschule der Fels in der Brandung, denn für die Kinder tut er alles – er lässt sich sogar manchmal an den Ohren anfassen… Er ist unser Fohlenerzieher und es gibt nichts schöneres als den 26 jährigen Opa mit unserem Jährling spielen zu sehen. Mit ihm bin ich Welsh-Liebhaberin geworden und habe die perfekte Pferderasse gefunden, sodass nun fünf (nächstes Jahr im März sechs) Welsh Ponys der verschiedensten Sektionen auf unserem Hof leben.
Ein wenig ärgert ihn Arthrose in den Sprunggelenken, durchtrittige Hinterbeine und schlechte Zähne. Aber mit den richtigen Gamaschen und einem Duplo Beschlag, kommt er damit sehr gut aus. Er darf nachts in seine eigene Box, um einen riesen Eimer aufgeweichtes Futter in Ruhe zu fressen. Rente ist noch lange nicht in Sicht und ich hoffe auf die nächsten 10 Jahre, in denen er vielleicht noch etwas ruhiger wird.
Warum so viel Lob und Text für ein kleines Pony?
Weil ich mir ziemlich sicher bin, dass er nicht mehr am Leben wäre, wenn ich ihn nicht für 180 Euro gekauft hätte. Und so geht es sehr vielen Pferden und Ponys, die nicht ganz einfach sind, schon ein paar Jahre hinter sich und keine bedeutende Ausbildung haben. Gerade diese Ponys sind meistens etwas ganz besonderes, bringen uns viel bei und haben ein schönes Leben bei Menschen verdient, die sie so lieben, wie sie sind.
Foto: Heidy Larisch