Der Reitplatz ist zu klein

Reitplätze sind die Grundlage unserer Arbeit mit dem Pferd. Er gibt Raum, Abgrenzung und visuelle Hilfe bei allen Themen im Pferdesport. Dazu müssen sie relativ wetterfest und am besten so groß wie möglich sein, damit wir so gut wie möglich, darauf arbeiten können.

 

Je mehr Platz dazu bereitsteht, desto schöner ist der Nutzen. Man könnte sagen: Je größer das Pferd, desto größer muss der Reitplatz sein.

 

Aber stimmt das? Und wenn ja, woran liegt das eigentlich?

 

Jedes Pferd mit seiner jeweiligen Größe hat naturgegeben einen unterschiedlichen Platzverbrauch, der sich sogar von Gangart zu Gangart unterscheidet. Je niedriger das Pferd in der Ausbildung steht, desto mehr Platz und Meter (ver)braucht es um „besser“ zu werden.

 

Hat ein Pferd zu wenig Platz, wird es schnell mit den Anforderungen überfordert sein, da es auf einem Reitplatz nun einmal nicht gerade aus geht – das ist das Problem oder die Herausforderung! Denn – wie wir alle wissen – ist die Dressur dafür da, dem Pferd den Kreisbogen zu erklären und möglich zu machen.

 

Ein gutes Beispiel ist hier der Galopp bei einem jungen Pferd, den man am einfachsten auf einem großen Platz außen herum üben kann. Klappt das ganz gut, übt man sich in Zirkeln und das Pferd findet auch auf kleinerem Raum seine Balance. Die notwendige Platzgröße verkleinert sich also mit dem heran schreitenden Können des Pferdes. Ein Reitpony wird natürlich weniger Platz brauchen, in einen guten Galopp zu finden, als ein 1,70 cm großes Warmblut. Aber auch hier gibt es Ausnahmen, sodass auch ein kleines Pferd einen größeren Platz brauchen könnte.

 

Ein großer Platz gewährt also zunächst mehr METER als ein kleineres Modell. Noch besser gesagt gibt er aber ZEIT!

 

Ich versuche dies an einem Beispiel zu erklären. Die Übung „Kruppeherein“ und die daraus entstehende Traversale findet mein Pferd Jonny ziemlich schwer – ist sie auch. Er ist 1,45 Meter groß und meine Reitplatzgröße beträgt 30x20 Meter. Wir reiten auf seiner linken schlechteren Hand. Ich muss für maximale Möglichkeiten komplett in die Ecke reiten, sie also gründlich „ausreiten“ und das Pferd hier am besten schon mit dem äußeren Schenkel in der Kruppe nach innen schieben, sodass ich gleich zu Anfang der langen Seite im Kruppeherein bin. Nun muss ich die Schulter etwas rüber schieben und bescheinigen, um das Pferd in die Traversale zu „schubsen“. Die ersten Meter dauert es, bis die Schulter da ist, wo sie hingehört. Mitte der Diagonalen haben wir es schon ziemlich gut raus und kurz dahinter merkt das Pferd: „Da kommt gleich der Zaun, ich bin nach links gestellt, aber wir reiten gleich zur rechten Hand. Ich glaube, ich werde jetzt erstmal fest und stelle mich vorsichtshalber schon mal um.“ Jetzt habe ich noch 6 Meter Platz und Zeit, die Idee des Pferdes zu korrigieren, dann noch einen guten Abschluss zu finden, das Pferd gerade zu machen, umzustellen und auf dem kommenden Hufschlag zur neuen Hand weiter zu reiten. UNMÖGLICH!!!

Erstens, weil ich diese Zeit und den Platz aufgrund der Bahngröße gar nicht habe, zweitens weil das Pferd nicht doof ist und jede Möglichkeit nutzt, sich von seiner schlechteren Seite auf seine gute, einfachere umzustellen.

 

Welche Möglichkeiten habe ich nun?

  • Ich baue einen größeren Reitplatz, was ja für uns alle geldtechnisch überhaupt kein Problem sein dürfte.
  • Wenn es nicht unser eigener Platz ist, bitten wir den Stallbetreiber, ihn zu vergrößern. Der Grund? Ich kann meine Lektion nicht zu Ende reiten! Was für eine Frage!?
  • Ich reite die Lektion nicht mehr. Nie wieder!!!

 

Zugegeben, die drei Lösungsvorschläge sind nicht befriedigend. Und deshalb stimmt die Aussage mancher Schüler wirklich, die mir sagen: „Wenn ich bestimmte Übungen reiten will, reicht mein Reitplatz dafür nicht aus.“ Natürlich lässt sich auch auf kleinen Reitplätzen eine Menge anstellen, wie zum Beispiel Bodenarbeit oder gerittene Aufgaben im Schritt.

 

Wie kann ich Lektionen, die unter diesen Umständen schwierig sind, anders gestalten? Oder zumindest so, dass sie möglich werden?

 

Zunächst sollte man überlegen, welches Kernelement genau mehr Meter braucht und dieses dann im punkto Dauer verkürzen. In meinem Beispiel beende ich die Übung dann nach zwei guten Traversalschritten und führe die zuletzt genannten Dinge aus, ehe der Zaun da ist. So hat das Pferd die Chance, etwas richtig zu machen, auch wenn ich natürlich gerne viel mehr schöne Schritte reiten würde. Aber wo kein Platz – da keine Möglichkeit.

 

Vorübungen oder Elemente, die zur „Krux“ dazu gehören oder vorgeschaltet sind, sollte man auf Notwendigkeit überdenken und sie – wenn möglich – abkürzen oder ganz weglassen. Das können zum Beispiel Volten sein, die in ein Schulterherein führen. Diese kann man auch an der kurzen Seite machen oder man reitet einen Mini-Bogen und führt das Pferd dann schon seitwärts weiter.

 

Und ein gut gemeinter Rat, den ich auch immer beherzige: Reitet schwere Übungen, wo alles passen muss und die aufgrund der Platzgröße eh schon schwierig sind, nur an guten Tagen! Wenn sie dann auf Anhieb klappen, freut Euch und lasst es gut sein.

 

Alternativ kann man natürlich auch schauen, dass man manche Übungen zum Beispiel im Schritt reitet und für den Galopp auflädt und auf einem größeren Platz übt. Vielleicht gibt es auch irgendwo eine Wiese, die man nutzen kann und sich mit Hütchen Orientierung schafft.

 

Letztendlich muss man Pferd und Übung an Platzgröße anpassen und ja, für manche Dinge ist der Reitplatz tatsächlich zu klein.