Angst zeigen

Der Duden sagt: << Angst; mit Beklemmung, Bedrückung, Erregung einhergehender Gefühlszustand [angesichts einer Gefahr]; undeutliches Gefühl des Bedrohtseins >>

Einfach gesagt, ist es ein Gefühl aufgrund einer Gefahr, von der wir bedroht sind oder werden. Sie gehört zu den natürlichsten und am stärksten verwurzelten Gefühlen von Mensch und Tier, denn sie entscheidet über Leben oder Tod. Deshalb sind wir ihr gegenüber auch so machtlos und versuchen sie naturgemäß zu vermeiden.

 

Was bedeutet das für den Umgang mit dem Pferd?
Das Pferd als Fluchttier zeigt schnell Angst und reagiert entsprechend schnell. Gehen wir von einer klassischen Situation aus: Das Pferd hat Angst vor Traktoren. Es prescht an der Hand los, rennt uns um, wir fallen zu Boden, tun uns weh. Das Pferd ist weg und läuft (glücklicherweise) zum Stall zurück.

 

Die Angst des Pferdes ist nun auf mehreren Kanälen zu unserer eigenen geworden: Umgerannt zu werden ist deshalb so schlimm, weil es in unserem Kopf klar ist, dass das Pferd das nicht darf. Regelverstoß also! Weiter ist es schlimm, weil der Stoß zu Boden ein Mini-Urknall in unseren Körper ist und wir mit dem Ellenbogen auf die Straße aufgeschlagen sind. Ein weiteres Urgefühl ist aktiv: Der Schmerz. Dazu kommen vielleicht noch die teils nervigen Kommentare der Stallgemeinschaft, wo es jeder besser weiß und „hättest du mal“ und überhaupt. Es kommt ein letzter wichtiger Punkt hinzu: Die Vorstellungskraft mit Schreckensszenarien.

Das alles sagt uns ab jetzt: Vermeide Situationen, bei denen dein Pferd Angst bekommt! Auch wenn man sich davon nicht einschüchtern lässt, weiß das Unterbewusstsein es trotzdem. Unsere Angst macht dem Pferd nun natürlich noch mehr Angst, weil der Mensch überhaupt keine Sicherheit mehr geben kann. Ein Teufelskreis entsteht.

 

Immer wieder werde ich nach solchen Geschehnissen um Hilfe gebeten und stehe vor verzweifelten Pferdebesitzern, die sich manchmal schämen, ihre Angst, Unsicherheit oder auch mangelnde Kenntnisse preiszugeben. Es ist keine Schande diese Schwäche zu zeigen. Vielmehr ist es eine Stärke, dazu zu stehen und sich helfen zu lassen. Man kann seine Angst nur durch positive Erfahrungen, Willenskraft und Konzentration überschreiben und dem Pferd wieder ein verlässlicher Chef sein. Das ist schwer, denn man muss seinen Urinstinkten die Stirn bieten.

 

Auch ich habe Angst, denn ich weiß durch meinen Job, was alles passieren kann. Aber ich habe gelernt, meinen Puls, Körper und Energie angstfrei zu machen und damit reaktiv werden zu lassen. Ich reagiere, vielleicht auch schneller, als wenn ich gar keine Angst hätte, aber ich bin nicht unsicher.

Also, es ist nicht schlimm, wenn beim Training mal Tränen fließen und man sich seine Angst eingestehen muss. Aber es gehört zu meinem wunderbaren Job, Euch zum eigenen und zum Wohle des Pferdes, durch eine „Mini-Therapie“ zu begleiten.